
SAFE ® – die „sichere Ausbildung für Eltern“ soll Müttern und Vätern ermöglichen, während der Schwangerschaft den Grundstein für eine sichere Eltern-Kind-Bindung zu legen. Was SAFE genau ist, wer es entwickelt hat und wie wir den Kurs erlebt haben, lest ihr im Bericht.
Mit einer sicheren Bindung werden die Eltern große Freude an ihrem Kind haben, weil sicher gebundene Kinder eine bessere Sprachentwicklung haben, flexibler und ausdauernder Aufgaben lösen, sich in die Gefühlswelt von anderen Kindern besser hineinversetzen können, mehr Freundschaften schließen und in ihren Beziehungen voraussichtlich glücklichere Menschen sein werden. (K. H. Brisch)
SAFE – ein Führerschein für Eltern?!
Um sämtlichen Fantasieblüten entgegenzuwirken: der SAFE Kurs ist nicht gedacht, uns Eltern zu bevormunden oder uns per se die Befähigung abzusprechen, ein Kind liebevoll aufzuziehen. Der Bindungsforscher Karl Heinz Brisch aus München hat die „sichere Ausbildung für Eltern“ entwickelt, um uns Eltern zu unterstützen, eine sichere Bindung zu unseren Kindern aufzubauen. Soweit die Theorie. Mehr zum Thema Bindung lest ihr in meinem Artikel Von Bindung & Verbindung.
An wen richtet sich SAFE?
Die „Sichere Ausbildung für Eltern“ richtet sich an alle werdenden Eltern und Alleinerziehende um den 7. Schwangerschaftsmonat, die bereits während der Schwangerschaft eine Bindung zu ihrem Kind aufbauen und ihm ermöglichen möchten, Urvertrauen zu entwickeln. SAFE unterstützt Elternteile, die selbst traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit durchleben mussten, diese Traumata nicht an das eigene Kind weiterzugeben. SAFE hilft dir, gut für dich und für dein Kind zu sorgen.
Die „Sichere Ausbildung für Eltern“ beantwortet unter anderen folgende Fragen:
- Wie kann ich eine gute Beziehung zu meinem Kind aufbauen und seine Entwicklung fördern?
- Was kann ich tun, wenn mein Baby trotz aller Bemühungen schreit oder nicht einschlafen kann?
- Wie gehen wir als Eltern damit um, wenn wir andere Bedürfnisse haben als unser Baby?
- Können wir unser Baby verwöhnen, wenn wir ihm das geben, was es wirklich entsprechend seiner Bedürfnisse braucht?
- Wie kann ich verhindern, dass ich unbewusst eigene belastende Kindheitserlebnisse an mein Kind weitergebe?
SAFE Kursinhalte
- Feinfühligkeitstraining – so erkenne ich die Signale meines Babys und reagiere adäquat darauf
- Einführung in die Bindungstheorie – welche Bindungsstörungen gibt es, wie kommen sie zustande?
- Partnerübungen
- Bindungsorientierte Fremdbetreuung (mehr dazu liest du hier)
- Umgang mit Schrei- und „Highneed“-Kindern und Klärung der Hintergründe
- Analyse des eigenen Verhaltens dem Baby gegenüber
- und vieles mehr
Neben den Kerninhalten bleibt viel Zeit für Fragen, Austausch und Diskussionen mit den Kursleitern und Teilnehmern. Mehr zur Entstehung von SAFE liest du hier.
Wer sind die Kursleiter?
Das SAFE-Netzwerk vermittelt Kurse in fast jeder größeren Stadt. Die Kursleiter sind zertifiziere SAFE-Mentoren mit einem pädagogischen Berufshintergrund:
- Hebammen / Geburtshelfer
- Frauenärzte und -Ärztinnen
- Kinder- und Jugend-Psychotherapeutinnen und -Thearpeuten
- Psychotherapeuten und -Therapeutinnen
- Pädagoginnen und Pädagogen
- Sozialpädagogen und -Pädagoginnen
- Kinderärztinnen und -Ärzte
- Kinderkrankenschwestern- und Pfleger
- Erzieherinnen / Erzieher
TIPP Selbst, wenn ihr keinen passenden Kurs findet – sucht im Netz nach Angeboten in eurer Stadt und telefoniert mit den Kursleitern. Manchmal kommen so spontane Kurse zusammen oder ihr könnt, wie wir, später einsteigen.
Kursablauf
Bevor du dich zum ersten Treffen aufmachst, findet ein Bindungsinterview mit dem Kursleiter statt. Dort ermittelt er oder sie anhand eines vorgegebenen Fragebogens, wie du an deine Eltern gebunden bist. Anhand dessen kann der Kursleiter erkennen, wo in der Beziehung zu deinem Kind Probleme entstehen könnten. Sie oder er erkundigt sich nach längeren Trennungen von deinen Eltern und Bezugspersonen und fragt verschiedene Situationen deiner Kindheit ab. Es erfordert eine Portion Mut und Offenheit, ehrlich zu antworten. Auf diese Weise kann auch erörtert werden, ob eine Traumatherapie für dich Sinn machen könnte oder ob du zu den wenigen Glücklichen gehörst, die auf eine sichere Bindung zu den Eltern zurückgreifen kann – die wertvollste Ressource von allen.
Erstes Treffen
Zuerst lernt ihr einander kennen. Wer möchte, erzählt von seinem familiären Hintergrund und lässt die anderen wissen, wer sie oder er ist, was ihr euch wünscht für euch, eurer Baby und als Familie. Die Kursleiter lassen euch viel Zeit für die Vorstellung, fragen nach euren Vorstellungen von eurem Kind, nach Ängsten und Hoffnungen.
Wie geht’s weiter?
Ihr trefft euch vor der Geburt vier Mal, meist sonntags, in einem Raum mit viel Platz – schließlich liegen und später toben hier in ein paar Monaten sechs oder sieben Babys herum! Ihr bekommt Pausen, wenn ihr sie braucht, könnt den Raum verlassen, um durchzuatmen oder um etwas zu essen oder zu trinken. SAFE ist nicht immer ein Spaziergang. Unsere Babys können uns bereits während der Schwangerschaft emotional ordentlich einheizen – versteckte Ängste und Nöte kommen so ins Bewusstsein. Die SAFE-Mentoren begleiten euch und stehen, auch außerhalb der Kurszeit, per Hotline telefonisch zur Verfügung.
Und nach der Geburt?
Nach dem Wochenbett findet ihr euch an sechs Sonntagen wieder zusammen – dieses Mal mit Baby! Die Kinder liegen auf Decken, in Babyschalen oder schlummern in Tragetüchern. Alles ist erlaubt. Die Mentoren nehmen Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder. Weinende Babys gehören dazu wie weinende Eltern, die seit Nächten keinen Schlaf mehr gefunden haben. Gerade diese ersten Anpassungsschwierigkeiten des Säuglings, der sich an Schwerkraft, Kälte und so vieles mehr gewöhnen muss, ist Thema der ersten Treffen nach der Geburt. Ihr könnt Fragen stellen und werdet aufgefangen.
Es ist so viel Wert, sich in den ersten drei Monaten mit Baby getragen und unterstützt zu fühlen.
Später geht es um Ernährung, um den feinfühligen Umgang mit dem Baby beim Wickeln, Essen und Spielen. Ihr lernt zu erkennen, wann das Baby spielen möchte und wann es eine Pause braucht. Selbst, wenn ihr im Umgang mit eurem Kind sehr sicher seid – sich bewusst auszutauschen, zu reflektieren und sich selbst mithilfe anderer besser kennenzulernen, ist ein Geschenk.
Abschied
Wenn euer Kind etwa ein Jahr alt ist und die Gruppentreffen mittlerweile zur Kinderspielgruppe (interessanterweise stören die Kinder bei der „Arbeit“ nicht) geworden sind, nehmt ihr Abschied. Allerdings können Freundschaften entstehen – ihr seid einander in der Zeit oft sehr nah gekommen und das verbindet. Gemeinsame Werte findet ihr ganz gewiss.
Keine Kohle? – Kein Problem.
Wer sich die Kursgebühren von mehreren Hundert Euro nicht leisten kann, hat die Möglichkeit, einen Zuschuss zu beantragen. Wendet euch einfach an eure SAFE-Mentoren oder an das SAFE-Netzwerk direkt – dort erhaltet ihr entsprechende Informationen.
Was kannst du vom Kurs erwarten, was nicht?
SAFE ist Hilfe zur Selbsthilfe.
Die „Sichere Ausbildung für Eltern“ begleitet und unterstützt dich dabei, deinen eigenen Weg zu einer glücklichen Beziehung zu deinem Kind zu finden – und zu einem liebevollen Klima innerhalb der Familie. Gehen musst du ihn aber selbst. SAFE klärt Missverständnisse und gibt dir Handwerkszeug, mit deinen Nöten umzugehen. Es hilft dir, dich gut um dich selbst zu kümmern und gibt Empfehlungen – aber es ersetzt nicht deinen eigenen bewussten Umgang mit dir und deinen Gefühlen. Am Ende bist du es, die das Gelernte umsetzt und die Verantwortung für dich und dein Baby tragen muss.
Bücher zum Thema
-
SAFE® – Sichere Ausbildung für Eltern: Sichere Bindung zwischen Eltern und Kind*
-
Kindergartenalter: Karl Heinz Brisch Bindungspsychotherapie – Bindungsbasierte Beratung und Therapie*
-
Grundschulalter: Bindungspsychotherapie – Bindungsbasierte Beratung und Therapie*
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Andere SAFE-Formate
- SAFE-Spezial für Erzieher und Erzieherinnen
- SAFE-Spezial für psychisch kranke Eltern und Elternteile
- SAFE-Spezial für Adoptiv- und Pflegekinder
- SAFE-Spezial für mehrfach belastete Eltern
- BASE – Feinfühlingkeits- und Empathietrainung für Kindergarten-Kinder
Betroffene und an Fortbildung interessierte Pädagogen und Erzieher finden hier auf der Website von Karl Heinz Brisch nähere Informationen.
Sichere Ausbildung für Eltern – unser Fazit
Für mich und uns als Familie war der SAFE-Kurs die beste Einstimmung aufs Elternsein. Die SAFE-Sonntage waren die Vorläufer unserer heutigen Familiensonntage, an denen wir uns um uns kümmern, miteinander in Kontakt kommen, sprechen und gemeinsame Zeit verbringen. SAFE hat einen Prozess in Gang gesetzt, der bis heute anhält. Die Paarübungen sind weiterhin Bestandteil unseres Alltags, beziehungsweise sind es immer wieder.
Ein Segen für traumatisierte Eltern
Ich persönlich habe gelernt, die Gefühle der Überforderung anzunehmen, die aus meinen eigenen traumatischen Kindheitserfahrungen resultieren. Von Anfang brachte es mich in enorme Bedrängnis, dass ein anderer Mensch vollkommen von mir abhängig ist. Im Kurs habe ich gelernt, dass ich Andreas bitten kann, sich um Merlin zu kümmern, wenn diese Gefühle unerträglich werden und im nächsten Schritt in Aggression münden könnten. Und ich habe verstanden, dass mein Kind alte, tief begrabene Gefühle aus meiner eigenen Zeit als Baby hervorholt. Und die sind oft sehr verwirrend, schmerzvoll und beängstigend.
Ich bin mir sicher, dass der SAFE-Kurs geholfen hat, meine eigenen Gewalterfahrungen nicht weiterzugeben. Dafür bin ich von Herzen dankbar.
Der SAFE-Mentor muss sympathisch sein
Hilfreich war: Wir mochten die Mentoren. Auch, wenn das eigentlich nicht üblich ist: Wir durften sie auch noch nach dem Kurs anrufen, wenn es ein Problem gab. Zwei Mal habe ich das gemacht: Als Merlin das erste Mal hohes Fieber hatte und als ich eine Strategie suchte, um mit der Wut auf mein Kind umzugehen. Danke, Monika Eberle und Markus Breitenberger von der Heilpraktiker-Praxis Breitenberger in München.
Geburtsvorbereitung deluxe
Der klassische Geburtsvorbereitungskurs versorgt dich mit praktischen Informationen rund um Geburt und Wochenbett. Praktischer Rat, vielleicht eine kleine Trageberatung, Stillen. Hier erfährst du, wie du etwas tun kannst. SAFE versorgt dich mit dem nötigen seelischen Unterbau. Hier sagt dir niemand, dass du ein Stillhütchen verwenden könntest, um das Stillen zu erleichtern. Hier lernst du, was der Grund dafür sein könnte, weshalb das Stillen nicht funktioniert. SAFE deckt Ursachen auf, lässt dich hinter die Fassade schauen – durch die Bindungs-Brille. Beide Kurse zusammen haben uns mit allem versorgt, das wir brauchten, um unseren ganz persönlichen Eltern-Kind-Weg zu finden. Wir haben uns nie bevormundet oder manipuliert gefühlt, sondern gut beraten und unterstützt.
Verbesserungswürdig
Als ich auf der Suche nach einem Kurs war, habe ich mich direkt an das SAFE-Netzwerk gewandt. Ich habe kurz über mich und meinen familiären Hintergrund geschrieben und um Informationen gebeten. Es hat acht (!) Monate gedauert, bis ich eine Antwort erhielt. Und auf meine Kritik, dass ich es fahrlässig fände, dass mir niemand geantwortet hat – ich hätte in akuter Not sein können – erhielt ich nie eine Antwort.
Liebes SAFE-Team, ich hoffe, ihr habt eure Kommunikationsstrategie seit damals verbessert. Emails von Menschen, die sich für SAFE interessieren, sollten niemals lange unbeantwortet bleiben.
Mit Baby oder Kleinkind überfordert – wo bekommt ihr Hilfe?
Bitte, bitte, bitte, liebe Eltern – holt euch Hilfe, wenn ihr sie braucht! Es muss kein Schreikind sein, das euch um den Nachtschlaf bringt. Auch bei Verhaltensauffälligkeiten, Schlaf- oder Essstörungen macht es Sinn, sich Unterstützung zu suchen. Wenn ihr mit dem Trotzverhalten der Kinder nicht mehr klar kommt – verteilt die Last auf mehrere Schultern! Wir sollten nicht in unnatürlichen Kleingruppen leben, denen niemand zu Hilfe kommt, bei dem es seelisch oder körperlich „brennt“. Was früher die Großfamilie war, können heute zum kleinen Teil Beratungsstellen, Schreiambulanzen und Sozialpädiatrische Zentren auffangen. Wenn ihr mehr zu Hilfsangeboten wissen möchtet, lest in meinen Artikel Hauptsache, die Zähne sind gesund rein.
Das Gefühl der eigenen Überforderung ist ein gutes Zeichen. Es weist dir den Weg zu den Quellen der Überforderung und damit zur Heilung.
Könntest du dir vorstellen, einen SAFE-Kurs zu besuchen oder reicht dir die klassische Geburtsvorbereitung? Erzähl‘ mal!
Deine Tanja
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