
„Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen“ ist ein knall orangenes Hardcover, das sofort meine Neugier weckte. Ob es inhaltlich einzigartig ist und mit neuem Wissen, einer frischen Perspektive Elternschaft unterstützt? Das verrate ich in meiner sehr persönlichen Rezension zum Spiegel-Bestseller der englischen Psychotherapeutin Philippa Perry.
Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen
Es gibt eine Menge Bücher, von denen ich mir wünschte, meine Eltern hätten sie gelesen. Es sind Bücher über frühkindliche Bindung, über Gewaltfreie Kommunikation, die Heilung des inneren Kindes. Zugegeben, ich habe schon eine Menge Eltern- und Erziehungsratgeber gelesen. Ich kenne die unerträglichen Ergüsse von Johanna Haarer, habe gewütet über Ideen, Kinder durch Aufgeben zum Schlafen zu bringen. Und ich las Bücher, die Herz und Hirn nährten. Und genau diese haben meine Sehnsucht nach bewusstem und liebevollem Umgang miteinander zementiert.
Wiedersehen mit Altbekanntem?
Nach den ersten Seiten des Buches war ich mir sicher: vor allem Titel und Aufmachung des Hardcovers haben Perry auf die Bestsellerlisten gehievt. Es schien sich einzureihen in Bücher wie Nestwärme, die Flügel verleiht* oder Mama, nicht schreien*. Es geht wohl auch in diesem Werk vornehmlich um die Heilung der seelischen Wunden, die wir als Kinder davontragen. Und wenn wir versäumen, uns diese Wunden anzuschauen, geben wir sie ungefiltert an unseren Nachwuchs weiter. Ich war einverstanden mit dieser Extrarunde Reflexion, denn ich habe noch viel vor in Richtung Heilung und Wachstum.
Weiß ich schon, kenn‘ ich schon.
Ich würde, so dachte ich, Übungen vorfinden, auf die ich keine Lust habe, andere würden mich vielleicht inspirieren. Ich spürte eine gewisse Ungeduld und Enttäuschung. Aha. Nix neues im Staate Elternratgeber. Und dann, einige Seiten später, dämmerte mir, dass ich mich irre. Dass ich dem Mechanismus auf den Leim gehe, der das Gelingen von Beziehungen verhindert: Vorverurteilung.
Goldgräberin
Philippa Perry beginnt ihr Werk mit der eindringlichen Bitte an uns Eltern, aus dem Karussell von Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen auszusteigen. Das habe ich nicht zum ersten Mal gelesen. Die Autorinnen von Erziehen ohne Schimpfen und After Work Familie* haben dieses Thema bereits klug verhandelt. Dennoch horche ich auf. Perrys stringente Art, das Gold der Erkenntnis Schicht für Schicht aus dem Unterbewusstsein zu schürfen, bewegt mich. Der Abend ist für den Rest meiner Familie in Bezug auf mich gelaufen. Ich will lesen.
Zauberformel
Das Buch ist in sechs Kapitel aufgeteilt. In der Einleitung erfahren die Leser*innen, warum es sich lohnt, über mehr als die Versorgung eines Kindes nachzudenken. Viele Fallbeispiele und einige Übungen helfen, Erkenntnisse nachzuvollziehen. Und sie machen Mut: Wir sind nicht allein mit unseren Sorgen und Nöten, die uns aus der Kindheit zurufen.
In diesem Buch geht es darum, Ihnen dieses Große-Ganze zu vermitteln, Ihnen zu helfen, ein paar Schritte zurückzutreten, zu erkennen, was wirklich wichtig ist und was Sie tun können, damit ihr Kind sein kann, was es wirklich ist. (Philippa Perry)
Eine Botschaft aus 6 Perspektiven
In den folgenden Teilen geht Perry auf nahezu alle Aspekte von Elternschaft ein. Sie beginnt mit Ihr elterliches Erbe. Dort beschreibt sie die Kraft von unbewusst übernommenen Erziehungsstilen und -strategien. Sie zeigt auf, wie wir unseren Mustern auf die Spur kommen. Vieles von dem, was wir unseren Kindern gegenüber fühlen, hat mehr mit den Erlebnissen unserer eigenen Kindheit zu tun.
Egal, wie alt dein Kind ist, es wird dich auf körperlicher Ebene an die Emotionen erinnern, die du durchgemacht hast, als du in einer ähnlichen Situation warst.
Die Umgebung ihres Kindes heißt der 2. Teil von Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen. Für mich war es der bewegendste Teil, da er mich zutiefst betrifft. Ich bin in einem Umfeld von Angst, Gewalt und Vernachlässigung aufgewachsen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, kritisiert, manipuliert und gedemütigt zu werden.
Mein persönliches Lebensthema oder zumindest ein wesentliches heißt Kampf. Kampf ums Überleben, Kampf um Existenzberechtigung. (RiskyMum Tanja)
Philippa Perrys Art, die Auswirkungen gewaltvoller Erziehung zu beschreiben und uns Eltern nicht schuldig zu sprechen, berührt und tröstet mich. Ich konnte meinen inneren Kampf aus der Kindheit bis heute nicht vollständig aufgeben. Zu tief sitzt der kindliche Glaube, in Gefahr zu sein. Die Klarheit, mit der Perry aufzeigt, wie ich aus diesem Kampfmodus hin zu Verbindung finde, trifft mich in meiner Sehnsucht nach Frieden. Gleichzeitig erfüllt sie mein Bedürfnis nach intellektueller Nachvollziehbarkeit.
Nicht der Bruch ist das Entscheidende, sondern die Reparatur. (Philippa Perry)
Der dritte Teil dreht sich um Gefühle. Es geht um die Art, wie und warum wir auf eine bestimmte Weise auf die Gefühle unserer Kinder reagieren. Anfangs dachte ich, dass mich das weniger betreffen würde. Je mehr Seelenschichten Perry abtrug, desto mehr Schächte, prall gefüllt mit ungelösten Themen, entdeckte ich. Sie warten darauf, angeschaut zu werden. Ähnlich erging es mir mit den anderen Teilen Das Fundament, Die Voraussetzung seelischer Gesundheit und Verhalten: Jedes Verhalten ist Kommunikation. Perry setzt fast alle Lebensbereiche und -situationen ins Verhältnis zu diesen Themen.
Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen – unser Fazit
Philippa Perry hat exakt das Buch geschrieben, nach dem ich im Buchladen während meiner Schwangerschaft vergeblich gesucht hatte. Eigentlich wollte ich es selbst schreiben: Das Exposé entstand während meines Journalismus-Studiums. Ich bin froh, dass Perry mir zuvorkam.
Niemand kann sich selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Wir Menschen brauchen Spiegel, die uns zeigen, dass wir sind, wer wir sind. Dieses Buch ist ein außergewöhnlicher, papierner Spiegel, in den ich dankbar und getröstet schaue. Durch die Zeilen hindurch spüre ich die Arbeit mit dem inneren Kind. Ich erkenne Elemente der Gewaltfreien Kommunikation und fühle mich geborgen im systematischen Ansatz moderner Psychologie. Ja, es gibt das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen.
TIPP Wenn du dich gern von Ratgebern inspirieren lässt, empfehle ich dir unsere Serie Elternratgeber im Check. Jeden Freitag im Monat stellen wir dir ein neues Buch rund um den Familienkosmos vor. Außerdem lege ich dir unsere Best-of-Ratgeber 2019 ans Herz.
Über die Autorin von Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen
Philippa Perry arbeitet seit zwanzig Jahren als Psychotherapeutin. Ihr Buch ist in zahlreichen Ländern erschienen und landete auf Anhieb auf Platz 1 der Sunday-Times-Bestseller-Liste. Philippa Perry lebt mit ihrem Mann, einer gemeinsamen Tocher und Katze in London.
Über das Buch
Titel: Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen*
Autor: Philippa Perry
Verlag: Ullstein
Genre: Sachbuch
Erscheinungsdatum: April 2020
Seiten: 304
Preis: 19,99 Euro
ISBN: 978-3550200748
Format: Hardcover, Paperback, E-Reader, Audio
Nur wenige Ratgeber haben mich inspiriert wie Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen. Welches Buch hatte nachhaltigen Einfluss auf deine Art, Familie zu leben?
Wir wünschen dir einen bunten Spätsommer, Muße und Mut, dich in deinen Schächten umzusehen.
Deine Tanja & Team
Mein herzlicher Dank gilt dem Ullstein-Verlag für jeweils ein kostenfreies Rezensions- und Verlosungsexemplar.
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Gerne würde ich unter Zuhilfenahme des von der Psychotherapeutin Philippa Perry verfassten wertreichen Ratgebers in Erfahrung bringen, wie ich mit einem von tiefem Bewusstsein, eigener Beherrschung und sozialer Wertschätzung geprägten Erziehungsstil das Verhältnis zu meinen Kindern signifikant optimieren kann.
Je älter ich werde, desto mehr wird mir bewusst, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem inneren Kind ist, um Fehler nicht von einer auf die nächste Generation zu „vererben“.
Deshalb würde ich mich sehr über die inspirierende Lektüre freuen!
Warum ich dieses Buch interessant finde? Du hast es mir schmackhaft gemacht. Ich denke, man sollte nie stehenbleiben in den Beziehungen zu seinem Kind oder Partner und hier öffnet sich möglicherweise mit diesem Buch eine neuer Gedankengang eine neue Richtung, oder Ansatz. Ich bin gespannt und würde mich sehr freuen…
Ach, Herz, genau! Es geht gar nicht nur um unsere Kinder. Es geht um Beziehung an sich! Und wenn wir Beziehung „können“, können Kinder gar nicht anders als glücklich werden. You are in the Lostopf<3